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Qualität und Quantität

Maß und Wert war die Einführung in diese Artikelreihe. Zuletzt hatte ich darin dargelegt, dass wir nicht messen können und auch nicht bewerten können, wenn wir kein Maß und keinen Wert haben. Ohne Wert haben wir kein Maß. Ohne Maß haben wir keinen Wert.

Ein Quantität scheint auch dann möglich, wenn ich keine Qualität habe, das scheint aber nur so. Selbst die Quantität braucht mindestens eine Qualität und sei es nur die der Unterscheidbarkeit. Genauso verhält es sich allerdings auch mit der Qualität, ich muss der Qualität mindestens eine Quantität zuordnen, damit ich überhaupt eine Qualität habe. Und selbst wenn ich die Qualität scheinbar Null oder Nichts ist, dann ist dies eine Unterscheidung die Bedingung ist um überhaupt von Qualität sprechen zu können.

Die meisten Lebewesen können das von sich aus und deswegen erscheint es uns trivial. Ja wir meinen, dass es keiner Erwähnung wert ist. Aber genau in dem Moment, wo wir uns über die Welt austauschen, vergessen wir das. Unser gesamtes Wissen über die Welt, ist nicht die Welt sondern ununterscheidbar auch ein Teil dieser Welt. Wir können unsere Welt nicht überschreiten. Alle Texte die in der Vergangenheit geschrieben worden sind und auch alle mathematischen Beweise wie auch die Physik und auch sonstige Wissenschaft sind mit ein Teil dieser Welt. Wir können dieses System nicht verlassen. Wir können auch nicht über das System selbst hinaus. Die Nichtwelt ist mit der Welt in unserer Beschreibung eins. Wenn wir etwas mit der Quantität Null versehen, dann hat es nicht die Quantität Null. Es gibt und jetzt sehe ich die Mathematiker schon wieder vor meinen geistigen Auge Veitstänze aufführen, keine kleinere Zahl als Eins. Selbst die Nichtmenge ist eine Menge. Jeder Begriff, jedes Wort und selbst das Nichtwort, ist letztlich in der Unterscheidung mindestens etwas. Aber selbst wenn es nichts ist, ist es immer noch Bestandteil dieser einen Welt. Wer das bestreiten will, kann nicht sprechen und kann auch nicht lesen. Aber selbst wenn er nicht lesen und nicht sprechen könnte, selbst dann gilt dieses Prinzip. Selbst das Bakterium brauch mindestens den Unterschied zwischen sich und der Außenwelt. Die Qualität des Unterschieds zwischen sich selbst und der Welt ist die Mindestvoraussetzung dafür, dass etwas ist. Aber dieses Sein, ist deswegen noch lange nicht aus dem gesamten Sein herausgenommen.

Aber selbst wenn wir zu dem Punkt kämen, was war vor der Welt, selbst wenn hier unsere Beschreibung endet und der Kopf dagegen anrennt, so müssen wir feststellen, dass auch die Vorwelt unsere Welt ist. Wir machen zwar dann den Unterschied, dass wir nichts darüber sagen können, was vor der Welt gewesen ist. Aber dieses Nichts ist eben nicht Nichts, sondern es ist nur der qualitative Unterschied, was wir in dieser Welt aussagen können und was nicht. Aber diese Aussage ist eben nicht Nichts, sondern als solche auch ein Bestandteil dieser Welt.

Wenn also etwas aus dem Nichts entspringt, dann entspringt es eigentlich unserer Welt. Unsere Gedanken sind ein Teil dieser Welt. Jede Lüge und jede Wahrheit ist in diesem Sinne auch wahr. Wir können eine Lüge oder eine Falschaussage nur in Bezug auf etwas als falsch ansehen. Die Aussage kann nur eine Aussage sein, wenn ihr als solches in welchem Regelsystem auch immer eine Existenz zukommt. Der Vogel, der lügt, beherrscht das schon. Er behauptet zum Beispiel die Existenz einer Gefahr. Würde das Weibchen, diese Aussage nicht wahrnehmen, wäre diese Lüge sinnlos. Es macht ja gerade diese Qualität aus, warum wir dass dann als Lüge des Vogels bezeichnen. Die Lüge muss also zunächst mal wahr sein, damit die Qualität der Lüge als falsch bewertet werden kann. Die reine Quantität der Aussage an sich genügt dazu nicht. Das verwirrt natürlich unser Denken ganz besonders, wenn wir zwei scheinbar widersprüchliche Aussagen haben, denn einem Logiker muss das zur Verzweiflung treiben, dass eine Aussage wahr sein muss, damit sie falsch sein kann. Aber auch Aussagen, die weder wahr noch falsch sind, müssen in diesem Sinne erst einmal wahr sein. Es gibt hier keinen kleineren Wert als Eins.

Eine Quantität ist ohne Qualität nicht bestimmbar.

Eine Qualität ist ohne Quantität nicht bestimmbar.

Jede unserer Aussagen sind auch ein Teil der Welt und können von der Welt nicht getrennt werden, wir sind nur zu Beschreibungen innerhalb des Systems fähig und müssen uns damit abfinden, dass wir die Welt nicht verlassen können, auch mit unseren Aussagen nicht. Eine komplette Beschreibung der Welt ist unmöglich, da sie Beschreibung der Beschreibung nicht enthält. Eine komplette Verifizierung oder auch Falsifizierung ist nicht möglich. Wenn wir etwas verifizieren, dann ist die Vorraussetzung, dass die Aussage als ein Teil der Welt schon vorhanden ist. Es muss wie mindestens wie ein Märchen existent sein, um die Qualität es handelt sich um kein Märchen, sondern ist wahr, zuordnen zu können. Und genauso ist es natürlich dann mit der Qualität Märchen. Aussagen egal welcher Art sind zunächst immer von der Quantität 1 damit eine Quantität 0 zugeordnet werden kann. Das allerdings ist dann bereits eine Qualität sozusagen hat die Qualität 0 immer die Quantität 1, was rechnerisch zu einem scheinbaren Widerspruch führt. Wahrscheinlich ist es kein Zufall, dass sich deswegen auch alles so schön in Nullen und Einsen ausdrücken lässt. Aber selbst wenn wir alles in 0 und 1 beschreiben würden, wäre auch das ein Teil der Welt.

Eine Quantität ist ohne Qualität nicht bestimmbar.

Eine Qualität ist ohne Quantität nicht bestimmbar.

2 Gedanken zu „Qualität und Quantität“

  1. Lieber Arnold,
    gerade habe ich in der Süddeutschen Zeitung einen ausführlichen Artikel über Bitcoins gelesen. Geld ist für mich ein Gedankengebilde und diese Kryptowährung ist noch das Sahnehäubchen obendrauf. Ich mag Gedankenspiele, muss mich dann aber immer wieder erden. Ich erkenne nur als wirklich an, was ich mit meinen fünf Sinnen: sehen, hören, riechen, schmecken und spüren kann. Änlich geht es mir bei deinen Ausführungen zu Qualität und Quantität. Da denke ich dann an sinkende Arbeitslosenzahlen (Quantität) und viele neue prekäre Jobs (Qualität). Schönes Gedankenspiel, aber eben reines Gedankenspiel!
    Grüße,
    Bernhard Meisel

    1. Dann wäre die Radioaktivität auch nur ein Gedankenspiel, weil man sie weder sehen, hören, riechen, schmecken oder spüren kann. Allerdings ist Radioaktivität messbar in dem Sinne des Gedankenkonstrukts, dass wir aus unseren theoretischen Vorstellungen heraus ein Messgerät bauen können, welches dann mit dem Geigerzähler die Radioaktivität misst. Wenn ich die erhöhte Radioaktivität verspüre, ist es schon zu spät, denn dann sind die Zellkerne bereits zerstört worden. Insofern würde ich Gedankenkonstrukte nicht verachten. Geld ist hier ein sehr wirkmächtiges Gedankenkonstrukt und ja es ist eine menschliche Hyperrealität.

      Liebe Grüße zurück,
      Arnold

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