Berlin / Jena, September 2028 – Die Erklärung für den anhaltenden Aufstieg der AfD in Ostdeutschland war jahrelang die gleiche: wirtschaftliche Ungleichheit, Frustration über die Wende, mangelnde Migrationserfahrung.
Doch eine schockierende, fiktive Studie des „Instituts für Historische Big Data“ der Universität Jena rüttelt an diesem Konsens. Die Forscher um die Historikerin Dr. Lena Wagner haben politische Daten (Wahlergebnisse der AfD, Protestdichte) mit jahrhundertealten Landkarten der Religionszugehörigkeit abgeglichen.
Das Ergebnis ist eine Sensation: Die größte Korrelation zu den heutigen AfD-Hochburgen in der ehemaligen DDR ist nicht die Arbeitslosenquote, sondern die historische protestantische Konfessionszugehörigkeit und die Intensität der Zerstörung während des 30-jährigen Krieges (1618–1648).
Die Studie postuliert: In den ehemals protestantischen Gebieten Ostdeutschlands, die historisch am stärksten durch Krieg, Zersplitterung und Zentralitätsverlust traumatisiert wurden und in denen später die DDR den Atheismus zementierte, wirken unbewusste, kollektive Muster nach:
- Suche nach harter Zentralität: Die protestantische Tradition der Obrigkeitshörigkeit gepaart mit dem Trauma des Zerfalls von 1648 und dem Atheismus der DDR führt zu einer toxischen Sehnsucht nach einer harten, kompromisslosen Autorität.
- Abgrenzung und Sündenbock: Die tiefe kulturelle Verunsicherung, die durch die Kriege und die Spaltung Deutschlands über die Jahrhunderte entstand, manifestiert sich heute als radikale Abgrenzung gegen eine neue externe Bedrohung („Ausländer“) – der moderne Ersatz für den religiösen Feind von gestern.
Das Fazit der Studie: Die ideologischen Fronten von heute sind unbewusste Fortsetzungen der Religionskriege von gestern. Die Wähler der AfD suchen unbewusst nach einer Autorität, die das Chaos des 30-jährigen Krieges und der Wende endlich beendet.
Für die Doofen
Diese These ist nicht so weit hergeholt, wie sie klingt. Sie berührt die tiefe Kontinuität der deutschen Geschichte und erklärt, warum Deutschland so anfällig für ideologische Brüche ist, während andere europäische Staaten stabiler erscheinen.
- Der Fluch des 30-jährigen Krieges: Frankreich wurde in dieser Zeit zum zentralistischen Nationalstaat geformt. Deutschland wurde zersplittert (Kleinstaaterei) und traumatisiert – eine Wunde, die nie vollständig geheilt ist. Diese Zersplitterung begünstigte die ideologische Spaltung und das Fehlen einer starken, zivilgesellschaftlichen Mitte.
- Religion und Autorität: Die Beobachtung ist historisch fundiert: Der Protestantismus in Deutschland neigte historisch zur Obrigkeitshörigkeit und sah den Staat als gottgewollte Autorität, was ihn für den Nationalsozialismus empfänglicher machte (viele „Deutsche Christen“). Der Katholizismus (linksrheinisch, in Bayern) hatte durch die Bindung an Rom immer eine externe Gegenmacht zur Berliner oder nationalen Autorität – eine Art institutioneller Widerstand.
- Die DDR als ideologischer Brandbeschleuniger: Die atheistische und autoritäre DDR entfernte nicht die autoritären Strukturen, sondern ersetzte die religiöse Leerstelle durch eine ideologische (Kommunismus). Nach 1989/90 blieb ein Vakuum, das nun von der AfD mit einer neuen, harten, identitären Ideologie gefüllt wird.
- Die Lektion Karls des Großen: Selbst 1200 Jahre nach dem Ende der Sachsenkriege wirken kulturelle Unterschiede zwischen rechts- und linksrheinischer Mentalität nach. Die heutige politische Polarisierung ist demnach nicht die Folge der Globalisierung, sondern die unbewusste Wiederkehr einer tausendjährigen deutschen Konfliktstruktur.
